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Überlegungen zum Veranstalten und Kuratieren für postkoloniale Projekte und Antidiskriminierungsarbeit

    Kuratieren wird ernst genommen, aber nicht als Tätigkeit sondern als Haltung:

     

    – Ich kuratiere jetzt!

    – Ach?

    –  Ja, ich hab drei Kumpels gefragt, ob sie bitte auf einen Plastik-Igel einschlagen können! Ich habe eine PERFORMANCE KURATIERT™ !

     

    Bezüglich Antidiskriminierungsarbeit ist den meisten Leuten nicht klar, dass Interesse und Leidenschaft nicht automatisch bedeutet, dafür auch qualifiziert zu sein. Viele fangen mit dem Veranstalten so an, dass sie sagen „ja das interessiert mich… da muss man was machen™“ und probieren dann irgendwas. Das wäre in Ordnung, wenn alles auf Augenhöhe stattfinden würde Transformative Vorhaben sind aber nie auf Augenhöhe sondern verhandeln die Augenhöhe. Also geht es in der Regel so aus, dass die Person mit der Entscheidungsgewalt an Personen mit weniger Entscheidungsgewalt etwas übt und ausprobiert, zugunsten der eigenen Lernprozesse, Zufriedenheit und Karriere. Und diese Dynamik ist bei Arbeit für Diskriminierungsabbau unwürdig.

     

    

Bizarr: Je transformativer ein kuratorisches oder veranstalterisches Vorhaben ist, desto weniger wird Qualifikation erwartet, und desto weniger wird i.d. Regel bezahlt. Ergebnis:

    oft sind Amateure verantwortlich für die Veranstaltungen, die -ordentlich gemacht- eigentlich am relevantesten und wichtigsten wären. Sogar im Mainstream wird Veranstalten oft nicht ernst geommen: in Museen geht die Zuständigkeit für „post“koloniale Ausstellungsvorhaben oft an Personen, die gar keine praktische Erfahrung mit den gesellschaftlichen Wechselwirkungen kolonialer Traditionen haben.

     

    Erfahrung ist nicht gleich Durchblick. Ich kann hundert Shows kuratiert haben – das heißt nicht automatisch, dass auch nur eine davon zumutbar war. Vielleicht hat sie ihre homogene Zielgruppe gut erreicht, war aber trotzdem kontraproduktiv für Belange mit postkolonialem Fokus. Und/oder vielleicht ist ja die eigentlich wichtige Zielgruppe erst gar nicht erschienen; aus Gründen.

     

    Versagen ist ein Teil von Kuratieren. Wir können Versagen allerdings provozieren oder wir können versuchen, es in Grenzen zu halten. Versagen kann grundsätzlich auch stark, transformativ, wichtig und großartig sein – aber niemals da, wo es strukturelle Gewalt reproduziert oder verstärkt. In der Öffentlichkeitsarbeit mit dem Anspruch, „Postkoloniales“ zu verhandeln oder Diskriminierung abzubauen ist Versagen gefährlich und möglichst zu vermeiden. „Learning by doing“ ist auf diesen Gebieten nicht in Ordnung. Denn dadurch werde die Belasteten benutzt, weiter strapaziert – und potenziell neu belastet. Zumindest wird das inkauf genommen für den Wissensgewinn derer, die sich zufällig in der Position befinden, zu veranstalten. Daher mein Appell, sich bitte fortzubilden.

     

    Kuratorisch / veranstalterisch gibt es mehr falsch zu machen als in der Kunst an sich, denn die Kunst ist frei. Veranstaltungen planen und organisieren ist dies nicht. Wer sich unbedingt ganz frei entfalten will, sollte anstatt zu veranstalten Kunstperformances machen. Das Publikum ist nämlich wichtig und die Signale an die Öffentlichkeit sind es auch.

     

     

     

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    99% der Teilnehmenden würden es weiterempfehlen.

    Derzeit der einzige systematische Lern-Ort für die Grundlagen kuratorischer Verantwortung.